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Nedko Solakov

Stahldoodles, 2016

Ortsspezifische Zeichnungen

Der bulgarische Künstler Nedko Solakov (1957, Tscherwen Brjag, BG) ist ein geistreicher Geschichtenerzähler. In handschriftlich kommentierten Zeichnungen und Bildern, in Videos, Performances und Installationen bringt er die Absurdität der menschlichen Existenz, die Fallstricke der Alltags- und der Kunstwelt einfühlsam und voller Witz auf den Punkt. Das Museum Haus Konstruktiv hat Solakov 2016, anlässlich der Sammlungspräsentation «Um die Ecke denken», dazu eingeladen, seine Sicht auf die konkrete, konstruktive und konzeptuelle Kunst zum Ausdruck zu bringen. Er wählte eine für ihn charakteristische Form und versah die Ausstellungsräume mit Miniaturzeichnungen und kurzen, pointierten Kommentaren.

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Nedko Solakov, Stahldoodles. Ortsspezifische Zeichnungen, Permanentmarker auf verschiedenen Oberflächen, 2016. Foto: Peter Baracchi

Seine kaum einen Zentimeter grossen Figurenzeichnungen, die nun selbst zur Sammlung gehören, finden sich auf Stahlträgern und in normalerweise wenig beachteten Raumecken. Einmal sehen wir «a constructivist's legs» an einer Stahlschraube zur Decke hin verschwinden, während ein «conceptualist» und ein «action painter» rittlings an zwei Stahlmuttern herunterrutschen. Sind die beiden haltloser als der Konstruktivist – oder einfach nur freier? An einem anderen Deckenträger zerrt eine Figur – wie immer zeigt der Künstler sie als Schattenriss – eine Art Schlitten mit kantiger Ladung hinter sich her. Übersetzt lautet der Kommentar dazu: «Ein Künstler, die Memorabilia eines Konstruktivisten schleppend (für die Wiederverwendung)». Das Erbe des Konstruktivisten scheint schwer, aber durchaus noch zu gebrauchen.

Solakov ist bei seiner «Gastintervention» jedoch nicht nur auf die inhaltliche Ausrichtung des Museums eingegangen, sondern auch auf den Museumsbetrieb selbst und auf die Eigenheiten der Architektur. Er hat kleinen Details Leben eingehaucht: Eine unscheinbare Stelle, an der Lack abgeplatzt ist, wird zum «einsamen Herzen», und zwei geschwungene Striche auf einer Stahlmutter verwandeln diese in ein friedlich schlafendes Gesicht. Zwischen zwei Stahlelementen robbt eine Figur wie ein Freeclimber in die Höhe, ein Bewegungsmelder gibt zu verstehen: «all visitors are equal for me», und neben einem Gerät zur Messung des Raumklimas steht eine weibliche Figur mit dem Kommentar: «a hot artist in a humid, hard to be regulated, art world».

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Nedko Solakov, Stahldoodles. Ortsspezifische Zeichnungen, Permanentmarker auf verschiedenen Oberflächen, 2016. Foto: Peter Baracchi
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Nedko Solakov, Stahldoodles. Ortsspezifische Zeichnungen, Permanentmarker auf verschiedenen Oberflächen, 2016. Foto: Peter Baracchi

Solakov hat an der Akademie für Bildende Kunst in Sofia Wandmalerei studiert. Nach seinem Abschluss 1981 und einem weiteren Studium am Nationaal Hoger Instituut voor Schone Kunsten in Antwerpen folgten diverse Atelierstipendien in der Schweiz, in Österreich, Deutschland, Schweden und Japan. Seit 1992 war er dreimal auf der Istanbul Biennale vertreten, zweimal (1999 und 2007) auf der Biennale von Venedig und zweimal auf der documenta in Kassel (2007 und 2012). Daneben hatte er zahlreiche Einzelausstellungen in namhaften Institutionen, darunter das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia in Madrid (2003), das Kunsthaus Zürich (2005) und S.M.A.K. – Stedelijk Museum voor Actuele Kunst in Gent (2012).