Arend Fuhrmann

Der Maler Arend Fuhrmann (1918, Hamburg, DE – 1984, Carona, CH) wuchs in einem aussergewöhnlich kultivierten Elternhaus in der Umgebung von Hamburg auf. Seine Mutter Elisabeth Fuhrmann-Paulsen war Dichterin, sein Vater, Ernst Fuhrmann, Philosoph, Schriftsteller, Fotograf, Sprachforscher und Verleger. Schon früh interessierte sich Arend Fuhrmann für Literatur und Kunst. Seit 1952 im Tessin lebend, war er neben seiner künstlerischen Arbeit als Grafikdesigner sowie als Gestalter von Wanddekorationen tätig und realisierte Interventionen im öffentlichen Raum.
Nach einer Phase der figurativen Malerei in den 1930er- und 1940er-Jahren wandte sich Fuhrmann der abstrakten Malerei zu. Infolge einer immer weiter vorangetriebenen Reduktion gegenstandsbezogener Elemente sowie der Ausdrucksmittel wurde seine Malerei konkret. Ab den 1970er-Jahren entfaltete er verschiedenfarbige, parallel verlaufende Linien auf weissem Bildgrund. Sie sind abgestuft angeordnet und rhythmisch gesetzt. Indem sie mit dem Bildgrund interferieren, wird nicht nur räumliche Tiefe erzeugt, sondern entstehen auch Op-Art-Effekte. Die leuchtenden Gemälde der letzten Schaffensjahre zeichnen sich durch eine besonders harmonische Farbgebung aus. Mitunter weisen sie leere quadratische «Ausschnitte» auf, die als ausdrückliche Hommage an das Werk seiner Ateliergefährtin, der Schweizer konkreten Malerin Hedi Mertens (1893–1982), gedacht sind. Denn sie brachte den Künstler mit der geometrischen Malerei in Berührung. Ihnen beiden widmete das Museo Cantonale d’Arte in Lugano 2002 eine gemeinsame Retrospektive.
Der Linie galt schon sehr früh Fuhrmanns Hauptinteresse. Es ist auch gut erkennbar im Bild «Zweifach gegeneinanderlaufender, perspektivisch verzogener und durchbrochener linearer Stufenrhythmus (Nr. 741)» von 1974, das sich in der Sammlung des Museum Haus Konstruktiv befindet. Der Titel beschreibt das Bildgeschehen präzise. Die geometrische Komposition zeigt verschiedenfarbige Bündel horizontal verlaufender Striche, deren Stärke von unten nach oben sukzessive abnimmt. Dadurch bilden sie mit ihrem parallelen und diagonalen Verlauf Parallelogramme, welche die Komposition dynamisieren. Zum linken Bildrand hin verblassen die Farben der Linien dermassen, dass sie in den Hintergrund zu entschweben scheinen und damit räumliche Tiefe stiften. Gleichzeitig geben sie ein Echo auf die farbintensiven Linien. Der ganzen Komposition eignet etwas Schwereloses, einer Melodie vergleichbar, die im Vorübergehen immer schwächer wird, um schliesslich zu verstummen.

Dominique von Burg
Werke von Arend Fuhrmann