Seit rund dreissig Jahren konzentriert sich Beat Zoderer (1955, Zürich, CH) auf Methoden des Dekonstruierens und Dekontextualisierens. Der Ansatzpunkt ist laut Zoderer das «bi», das ambivalente Verhältnis zwischen Kunst und Alltag, Banalität und Dignität, Ökonomie und Verschwendung oder System und Zufall. In den 1980er-Jahren stand die Dekonstruktion von gebrauchten Alltagsgegenständen im Mittelpunkt. Nachdem in seinen Augen das Recycling zu einer Modeströmung anzuwachsen begann, orientierte er sich in den 1990er-Jahren neu; seitdem setzt er die Verbildlichung ambivalenter Bezugssysteme mittels Kaufhaus- und Baumarktwaren fort. Er hantiert mit Klarsichtmappen, Klebeetiketten, Ordnern und Gummiringen, mit Sperrholz, Schaumstoff, Blech und Wolle und bedient sich gerne simpler Techniken wie dem Kleben, Flechten, Fräsen oder Stempeln. Mit scheinbar leichter Hand schliesst er geometrische Ordnungssysteme mit kunstfremden Materialien kurz und dringt durch den Zusammenschluss von «High and Low» zu einer Ästhetik gewissermassen «gegen den Strich» vor. Er erhebt farbige Klarsichtmappen zu einer Hommage an die Transparenz; er türmt Schaumgummistreifen zu «unendlichen Säulen» auf oder reaktiviert mittels Flechtwerken aus Metallstreifen, Wolle oder Stoffbändern für Mieder konstruktive Ordnungsprinzipien. «Mieder»? «Langeweilebilder»? Analog zum Werkcharakter spielt auch die Werkbetitelung mit Doppelbödigkeit und zwingt zu einer mehrdeutigen Lesart. Hat die Ausführung der «Langeweilebilder» den Künstler selbst gelangweilt oder spielt er nicht eher auf die Reaktion des Betrachters an? So sehr Zoderer durch eine sinnenfreudige Opulenz zu verführen vermag: hinter der spielerischen Attitüde und der handwerklichen Akkuratesse verbirgt sich ein subversiver Hintergrund. Denn mit seiner «bi»-Thematik nimmt er geradewegs auf eine zentrale Frage der postmodernen Debatte Bezug – wie es um die Kunst und die Gesellschaft und um ihr Verhältnis zueinandersteht.
In Zoderers Werk – Arbeiten auf Papier, Skulpturen, Boden- und Wandobjekte sowie Installationen und Interventionen – bezeugen vor allem die Letzteren Zoderers überlegene Auseinandersetzung mit dem Raum. Er hat sie erfolgreich auf Interventionen im öffentlichen oder halböffentlichen Raum übertragen und ist mit Kunst-am-Bau-Ausführungen u. a. in Basel, Rheinau, Zürich sowie in Berlin präsent.
Elisabeth Grossmann