Der deutschstämmige Elsässer Hans Arp (1886, Strasbourg, FR [damals DE] – 1966, Basel, CH) ist, da er 1926 die französische Staatsangehörigkeit annahm, auch als Jean Arp in die Kunstgeschichte eingegangen – als Poet und bildender Künstler, als eine zentrale Figur der Moderne. Er war Mitbegründer der Zürcher und Kölner Dada-Bewegung und innovativer Vertreter der abstrakt-vegetabilen Kunstrichtung. Dem Akademismus und Dogmatismus gleichermassen abgeneigt, suchte er, ohne Rücksicht auf Konventionen, den Austausch mit abstrakten, konstruktiven, dadaistischen wie surrealistischen Künstlern. Er plädierte für eine die Stilrichtungen und Disziplinen überschreitende Zusammenarbeit und realisierte gemeinsame Projekte u. a. mit Tristan Tzara und Kurt Schwitters. Seine wichtigste Bezugsperson wurde Sophie Taeuber, mit der ihn ab 1915 eine Arbeits- und, bis zu ihrem Tod 1943, eine enge, künstlerisch fruchtbare Lebensgemeinschaft verband.
Das Bindeglied zwischen den frühen dadaistischen und den abstrakt organoiden Werken bildet Arps von den Naturgesetzen inspirierte Faszination am Werden und Vergehen respektive der Metamorphose. Auf einem Spaziergang in Ascona war ihm Strandgut aufgefallen, von dessen mineralischen, vegetabilen und anthropomorphen Formen er sich nachhaltig inspirieren liess. Sie bilden sozusagen das Rückgrat der charakteristisch naturhaft knospenden und schwellenden Formen, die in der Arbeit auf Papier, im Relief und ab den 1950er-Jahren zunehmend auch in der grossformatigen Plastik zum Ausdruck kommen.
In «Nach dem Gesetz des Zufalls» von 1959 verbinden sich zwei für Arps Vorstellung bezeichnende Elemente: Die biomorphe Form und das Prinzip des Zufalls. Er habe die in der Natur vorgefundenen Formen vereinfacht und ihr Wesen in bewegten Ovalen als Sinnbilder der ewigen Verwandlung und des Werdens festgehalten, äusserte er 1966. Was den Zufall betrifft, habe er, so eine Anekdote, nachdem er eine misslungene Zeichnung zerrissen und die Schnipsel auf den Boden geworfen hatte, in deren Anordnung die perfekte, ihm selbst nicht gelungene Komposition vorgefunden. Zufall ist in Arps Werk als eine die Natur regierende, vom Menschen nicht manipulierbare Ordnung zu verstehen. Sich den Zufall zu eigen zu machen, die Form eines Werks gänzlich oder zumindest in Teilen der Kontrolle zu entziehen, bedeutete für Arp eine formale wie inhaltliche Bereicherung. Es mag sich dies aus seiner lebenslangen Suche nach Entgrenzung, nach einer möglichen Alternative zur verdinglichten Vernunft erklären. Dieses Moment bildet den immanenten Ausgangspunkt, von dem aus Arp in stets neuen Variationen eine der Ratio entsagende, poetische Form des stetigen Wandels entwickelt hat.
Elisabeth Grossmann