Das Œuvre von Heidi Künzler (1943, Bern, CH – 2019, Kirchlindach, CH) ist im Feld der konstruktiv-konkreten Kunst und des minimalistischen Stils angesiedelt. In ihren Arbeiten führt sie dem Betrachter einen ebenso individuellen wie sensiblen Umgang mit reduzierten, oftmals repetitiv eingesetzten Gestaltungsmitteln vor Augen, sodass die Werke eine metaphorische Aufladung erfahren und den Betrachtenden in meditative Stimmung versetzen. Die Künstlerin interessiert sich insbesondere für das Verhältnis von Fläche und Volumen sowie für die Relationen zwischen Werk und Raum.
Heidi Künzler, die eine Lehre als Grafikerin absolviert und die Kunstgewerbeschule in Bern besucht hat, wandte sich 1971 von der angewandten Kunst ab, um ihr freies künstlerisches Schaffen zu entwickeln. Nach ersten Collagen in den späten 1970er- und in den 80er-Jahren widmete sie sich in Radierungen dem Linienmotiv. Einmal sind es gerade oder gekrümmte, teils sich verjüngende Linien, welche fliehend eine Fläche teilen. Ein anderes Mal bilden sie mehrschichtige Strukturen mit sich verdichtenden und wieder auflösenden Linien. Imaginäre Linien ergeben sich in nächsten druckgrafischen Arbeiten aus der Wiederholung und Variation von Punkten. Diese zwei Prinzipien nimmt Künzler auch in der Malerei auf, die Mitte der 1980er-Jahre einsetzt. Die oft mehrteiligen Bilder sind meist monochrom in den Primärfarben Rot, Blau, Gelb gehalten. Die vierteilige Arbeit «Progression schwarz» zeigt auf vier beinahe menschengrossen Leinwänden allerdings eine schwarze Fläche, die am unteren und oberen Rand von einer Diagonale beschnitten wird und sich im Fortgang der Einzelwerke verändert. Dann und wann sind auch die Bildkanten eingefärbt, mithin wird die Wand selbst zum Bildträger. In den späten 1990er-Jahren kommen einfarbig gespritzte, serielle Holzobjekte hinzu, die aus der Wand treten und deren Abstand zueinander in Beziehung zum Raum steht. Jüngere Objekte bestehen aus Glas und werden installativ verortet.
Minimalistische Lösungen lassen sich in der Grafik, in der Malerei aber auch in der Inszenierung von Räumen ausmachen, wie sie Heidi Künzler für die Stiftung für konstruktive und konkrete Kunst oder als Kunst-am-Bau-Projekt für das Polizeigebäude Frauenfeld zeigte. Auch hier zeichnet sich ihr Schaffen durch wenige, präzise definierte Eingriffe aus.
Ursula Meier