Thomas Vinson

Die Linie zieht sich wie ein roter Faden durch das Schaffen Thomas Vinsons (1970, Paris, FR). Und das, obwohl seine künstlerische Karriere alles andere als geradlinig begonnen hat: Architektur wollte er eigentlich studieren, doch der Vater, selbst in dem Beruf tätig, riet ihm davon ab. So absolvierte Vinson zunächst ein Jurastudium an der Pariser Université Panthéon-Sorbonne, bevor er sich von 1997 bis 1999 in Houston, Texas (US), zum Bildhauer ausbilden liess. Zurückgekehrt nach Europa, zog er nach Frankfurt und schliesslich nach Gießen, dem Herkunftsort seiner Mutter. Hier entwickelte Thomas Vinson sein formal streng anmutendes, im Wesentlichen aber sinnlich-haptisch geleitetes Werk. Zudem machte er sich als Kurator des Ausstellungsraums Kunstturm Mücke (Hessen, DE) und als Gastdozent für Skulptur an der Justus Liebig-Universität und im Architekturdepartement der Technischen Hochschule Mittelhessen, beide in Gießen, einen Namen.
Eine Faszination für die Formensprache der Minimal Art, aber auch für Strukturen der alltäglichen Umgebung und für einfache Materialien prägen die Skulpturen, Reliefs und Installationen von Thomas Vinson bis heute. Auf die spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Werkstoffe wie MDF, Spanplatten oder Karton reagiert er, indem er Linien in unterschiedlicher Anzahl, Dichte und Anordnung einritzt – häufig mit einer einfachen Tischsäge, seit 2015 auch mit dem Laser. Oft entstehen Linienmuster auch durch das Aneinanderfügen einzelner, rechteckiger Elemente. Im fertigen Werk werden diese plastisch gestalteten Fugen, diese Spalten in den meist roh belassenen Materialien stets weniger als Einschnitt, sondern vielmehr als verbindendes, zeichnerisches Element wahrgenommen. Die so entstehenden Rasterungen fügen sich zu einem visuellen Klang, der zuweilen auch ein optisches Flimmern auslöst, wie es bei «new order (zweiteilig)» aus der Sammlung des Museum Haus Konstruktiv der Fall ist. Das zweite Sammlungsstück, «constructive display volume I» ist eine Gesamtkomposition aus mehreren Einzelwerken, die Vinsons Repertoire an Techniken und Formvokabeln auffächern. Die Installation präsentiert sich somit als eine Art visualisiertes künstlerisches Konzept.

Deborah Keller
Werke von Thomas Vinson